CIRS
Critical Incident Reporting System (CIRS) – eine Chance auch für die ambulanten Praxen aus Fehlern zu lernen
Bist du schon einmal nach der Arbeit mit einem komischen Bauchgefühl nach Hause gegangen? Bist in Gedanken nochmals eine Situation durchgegangen, die nicht wie gewünscht verlaufen ist? Oder musstest du kurz tief durchatmen, weil eine deiner zahlreichen Entscheidungen an diesem hektischen Arbeitstag ins Auge hätte gehen können?
Wahrscheinlich kennt jede:r von uns diese Momente. Augenblicke, in denen wir uns hinterfragen und reflektieren, was es für andere Handlungsoptionen gegeben hätte. Eine Möglichkeit dies systematisch zu tun, ist das CIRS-Meldesystem, welches von Physioswiss zur Verfügung gestellt wird.
Die Nutzung durch die Mitglieder weist noch Potential nach oben auf, weshalb dem CIRS-Meldesystem hier ein Steckbrief gewidmet wird.
Wann ist ein CIRS-Fall ein CIRS-Fall?
Ein CIRS-Fall hat verschiedene Gesichter. Kurz werden unter CIRS-Fällen Fehler, Risiken, Beinahe-Fehler, unerwünschte Ereignisse und «Fast-Ereignisse» im Patient:innen-Kontakt in der Gesundheitsversorgung verstanden. Dabei hat die Situation oder der Umstand Potenzial zur Patientenschädigung. Die Erfassung im Meldesystem ist aus juristischen Gründen nur für Situationen vorgesehen, in der der potentielle Schaden den oder die Patient:in nicht erreicht hat. Ein paar Beispiele, damit es etwas konkreter wird: Eine potentielle Schädigung ist durch das mangelnde Management einer Erkrankung eingetreten, nicht durch die Krankheit selbst. Ein Fehler kann auch eine Unterlassung einer Handlung sein. Wissen fehlt oder wird im falschen Kontext angewendet. Missverständnisse in der interdisziplinären Kommunikation oder in der Kommunikation mit Patient:innen. Wie bereits erwähnt, haben CIRS-Fälle viele Facetten.
Was sind die Ziele eines CIRS-Meldesystems resp. einer CIRS-Fallbesprechung?
Das übergeordnete Hauptziel des CIRS-Meldesystems ist die Verbesserung der Patient:innensicherheit. Durch die Erfassung von CIRS-Fällen können Fehlerquellen im System identifiziert werden. D.h. mit der Grundhaltung einer positiven Fehlerkultur wird nicht eine schuldige Person, die für den Fehler verantwortlich ist, gesucht. Die Suche zielt auf Einflüsse oder Faktoren ab, die ein unerwünschtes, fehlerhaftes Handeln begünstigen und sich korrigieren lassen. Im zweiten Schritt werden Massnahmen gesucht und beschlossen, die die Fehlerquellen bestmöglich proaktiv eliminieren. Mit den getroffenen Massnahmen wird das Credo verfolgt: «Falsches Handeln soll schwieriger sein als richtiges Handeln». Die Diskussion von CIRS-Fällen schärft das Risikobewusstsein und soll verhindern, dass ein Fehler wiederholt auftritt. Letztlich ist das CIRS-Meldesystem auch ein Instrument zur Qualitätssicherung und -entwicklung, welcher wir spätestens nach der Revision des Artikels 58a KVG verpflichtet sind.
Wer soll einen CIRS-Fall melden?
Jede:r Physiotherapeut:in (auch als Student:in) in einem Team soll und kann einen Fall melden. Einerseits wenn man direkt an einem Fall beteiligt ist, oder andererseits ein Ereignis unmittelbar beobachtet hat. Auch interdisziplinäre CIRS-Fälle sollen erfasst werden. Die Meldung geschieht anonym und freiwillig.
Wie melde ich einen CIRS-Fall?
1) Logge dich oben rechts in den Mitgliederbereich auf der Physioswiss Internetseite ein
2) Wähle Wissen -> Qualität -> CIRS-Meldesystem von Physioswiss -> zum Physioswiss Meldeportal
3) dort wirst du intuitiv durch die einzelnen Schritte der Erfassung einer Meldung geführt
4) Achte darauf, dass die Fallschilderung anonymisiert ist
Warum ist die Erfassung im nationalen Meldesystem wichtig und was ist der daraus resultierende Nutzen?
Je mehr Meldungen erfasst werden, d.h. je mehr Daten zur Analyse zur Verfügung stehen, desto genauer können Tendenzen und Häufungen herauskristallisiert und sich wiederholende Muster identifiziert werden. Neben der CIRS-Fallbesprechung im eigenen Team, kann Physioswiss die Mitglieder mit Erkenntnissen und Handlungsempfehlungen unterstützen. Genau dort, wo sich durch längerfristige Beobachtung die Fälle kumulieren. Die Nutzung des CIRS-Meldesystems ermöglicht allen Mitgliedern die Auseinandersetzung mit gemeldeten und anschliessend publizierten Fällen. So kann eine positive Fehlerkultur etabliert und die Auftretenswahrscheinlichkeit von weiteren gleichen Fehlern reduziert werden.
Quellen:
Rohrbasser, A., Gehring, K., Lanz-Ryf, S., Lehmann, J., Petrig, A., Ryser, O., Stettler-Niesel, M., & Wertli, M. (2022). Critical Incident Reporting System (CIRS) in der ambulanten Grundversorgung: Bearbeiten von Situationen oder Umständen mit Potential zur Patientenschädigung im Qualitätszirkel. Interessengemeinschaft Forum für Qualitätszirkel; Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM); EQUAM Stiftung; Stiftung Patientensicherheit.
Physioswiss. Gesetzliche Rahmenbedingungen. Physioswiss. https://physioswiss.ch/gesetzliche-rahmenbedingungen abgerufen am 30.11.2025
Bild: mit Microsoft Copilot erstellt