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Das Magazin von Physiobern

Lesedauer ca. 5 Min.

Weiterbildung Messinstrumente in der Physiotherapie optimal nutzen

BFH

Weiterbildung Messinstrumente in der Physiotherapie optimal nutzen

Am 1. und 2. September 2025 findet erstmalig der zweitägige Weiterbildungskurs «P4P Messinstrumente in der Physiotherapie optimal nutzen» an der Berner Fachhochschule statt. Der Kurs wurde in Zusammenarbeit mit Physiobern und Roger Hilfiker entwickelt.

Er richtet sich an klinisch tätige Physiotherapeut:innen, die Messinstrumente zielgerichtet zur Optimierung der physiotherapeutischen Versorgung entlang des Behandlungspfades einsetzen möchten. 

Standardisierte Messinstrumente sind ein integraler Bestandteil des Clinical Reasoning in der evidenzbasierten physiotherapeutischen Praxis [1]. Der Einsatz von standardisierten Messinstrumenten wird zur Befunderhebung, Behandlungsplanung und Verlaufskontrolle empfohlen, zudem wird der verbreitete Einsatz als relevant für die Qualitätssicherung in der Physiotherapie erachtet. Die Nutzung standardisierter Messinstrumente ist nicht nur wichtig für die Zielsetzung, die Wahl der Behandlungsstrategie und die Überprüfung der Fortschritte hinsichtlich Erreichung des Behandlungsziels, sondern auch für eine Prognose [2]. 

Für die ganzheitliche physiotherapeutische Versorgung der Patient:innen gehört es heute zum Standard, dass nicht mehr allein die Beurteilung der strukturellen Ebene oder Einschränkungen, beispielsweise Gelenksbeweglichkeit, Muskelkraft oder Schmerz bewertet werden [3]. Wichtige Outcomes für die physiotherapeutische Praxis beinhalten auch Einschränkungen in der Aktivität, Funktionsfähigkeit, der Partizipation und Lebensqualität [3]. Dies bedeutet, dass die Wahrnehmung der Patient:innen, inwiefern die Gesundheit, die Funktionsfähigkeit und die Behinderung die individuelle Lebenssituation beeinträchtigen, eingeschätzt werden soll. Für die gemeinsame Formulierung der Behandlungsziele und -strategien müssen die vordergründigen Probleme, Bedürfnisse und Prioritäten sowie Stärken und Ressourcen der Patient:innen berücksichtigt werden [2].

Die Nutzung, sowie Beispiele von standardisierten Messinstrumenten in der Physiotherapie sind in der ganzen Schweiz ein fester Bestandteil in den Bachelor of Science und Master of Science Curricula, sowie in unterschiedlichen Weiterbildungsprogrammen. In grösseren Institutionen werden festgelegte standardisierte Messinstrumente für alle Patient:innen angewendet. Zudem wurden für einzelne Krankheitsbilder und Problemstellungen Core-Sets von standardisierten Messinstrumenten entwickelt [z.B., 4]. Dennoch gelingt der Transfer zur gezielten Nutzung von standardisierten Messinstrumenten in der Physiotherapie nur eingeschränkt. In der Literatur werden verschiedene Barrieren für die Nutzung von standardisierten Messinstrumenten beschrieben. Dazu gehören das fehlende Wissen und Kenntnisse über verschiedene Messinstrumente, die gezielte Auswahl von geeigneten Messinstrumenten, Schulung und das Vertrauen in die Nutzung von standardisierten Messinstrumenten sowie zeitliche Ressourcen, Schwierigkeiten die Ergebnisse auszuwerten oder fehlende Kenntnisse hinsichtlich des Wertes für die klinische Tätigkeit [5 - 8].

Jedes Messinstrument wurde für einen bestimmten Zweck, Ziel und Patientengruppe in unterschiedlichen Formen und Arten entwickelt. Die unterschiedlichen Formen von Messinstrumenten, beispielsweise Goniometer zur Untersuchung der Gelenksbeweglichkeit versus Patient-reported outcome measures (PROMs) haben unterschiedliche Stärken und Schwächen. Diese gilt es zu berücksichtigen und erfordert entsprechend die gezielte Auswahl von Messinstrumenten zur Erfassung des Gesundheitszustandes der Patient:innen und dem Zweck für den Einsatz von standardisierten Messinstrumenten [2]. Für den gezielten Einsatz von standardisierten Messinstrumenten ist es zudem wichtig, die Messeigenschaften des Messinstrumentes zu kennen, namentlich Validität (Gültigkeit), Reliabilität (Zuverlässigkeit), Responsivität (Eigenschaft «Veränderung» über die Zeit zu erfassen) sowie Praktikabilität [2]. 

In dem neu entwickelten Kurs wird der Einsatz von standardisierten Messinstrumenten in der Physiotherapie zur Erreichung verschiedener Ziele diskutiert, für die Befundaufnahme, für die Behandlungsplanung und -steuerung, sowie für eine Prognose. 

Es werden unterschiedliche Quellen zur Suche von passenden Messinstrumenten vorgestellt sowie Kriterien für die Auswahl der passenden Messinstrumente für individuelle Fragestellungen aus dem physiotherapeutischen Alltag. Der Kurs wird Antworten geben auf Fragen aus der Klinik, wie zum Beispiel: Welches standardisierte Messinstrument ist nützlich für die physiotherapeutische Tätigkeit mit individuellen Patient:innen? Welche Messinstrumente unterstützen die Qualitätssicherung in der Physiotherapie? Wo können passende Messinstrumente gefunden werden?

Roger Hilfiker (PhD) ist selbständig als Physiotherapeut in eigener Praxis tätig und wird diesen Kurs unterrichten. Auf Grund seiner langjährigen Erfahrung, sowohl als Mitautor von verschiedenen Lehrbüchern zum Thema Assessments, Dozent für Forschungsmethoden und Messeigenschaften, als auch auf Grund seiner klinischen Tätigkeit, vereint Roger Hilfiker in einzigartiger Weise das notwendige Fachwissen.

Weitere Informationen und Anmeldung unter folgendem Link: https://www.bfh.ch/de/weiterbildung/kurse/p4p-messinstrumente-in-der-physiotherapie-optimal-nutzen/

Titelbild: © Adobe Stock

Referenzen:

[1] Higgs J & Jensen GM, Christensen N, Loftus S. (2018) Clinical reasoning in the health professions. 4. Aufl. Amsterdam: Elsevier, ISBN 978-0-7020-6224-7

[2] Hilfiker R (2017) SP0194 Principles of assessment in clinical practice, Annals of the Rheumatic Diseases, 76 : Suppl 2, 47.

[3] Copeland J (2009) Outcome measures: why physiotherapists must use them, Physical Therapy Reviews, 14:6, 367-368.

[4] Harding A JE, Morbey H, Ahmed F, Opdebeeck C, Elvish R, Leroi I, Williamson PR, Keady J, & Reilly ST (2021). A Core Outcome Set for Nonpharmacological Community-Based Interventions for People Living With Dementia at Home: A Systematic Review of Outcome Measurement Instruments. The Gerontologist, 61(8), e435–e448.

[5] Duncan EA & Murray J (2012) The barriers and facilitators to routine outcome measurement by allied health professionals in practice: a systematic review. BMC Health Serv Res, 12 (96).

[6] Briggs MS, Rethman KK, Crookes J, Cheek F, Pottkotter K, McGrath S, DeWitt J, Harmon-Matthews LE & Quatman-Yates CC. (2020). Implementing Patient-Reported Outcome Measures in Outpatient Rehabilitation Settings: A Systematic Review of Facilitators and Barriers Using the Consolidated Framework for Implementation Research. Archives of physical medicine and rehabilitation, 101(10), 1796–1812.

[7] Romney WM, Wormley ME, Veneri D, Oberlander A, Catizone V & Grevelding P. (2024). Physical and occupational therapists' perceptions of sustainability of a knowledge translation intervention to improve the use of outcome measures in inpatient rehabilitation: a qualitative study. Quality of life research: an international journal of quality of life aspects of treatment, care and rehabilitation, 33(3), 653–665.

[8] Jette DU, Halbert J, Iverson C, Miceli E, Shah P (2009) Use of Standardized Outcome Measures in Physical Therapist Practice: Perceptions and Applications, Physical Therapy, 89(2), 125–135.